Für jede Idee das passende Schutzrecht – mit Dr. Diana Taubert
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- Im Interview mit fynax zeigt Dr. Diana Taubert die Parallelen der E-Commerce-Branche sowie der Gründer:innenszene auf und erklärt, worauf es bei einem Markenlaunch ankommt.
- Dr. Diana Taubert ist Geschäftsführerin der ETL IP Patent -und Rechtsanwaltsgesellschaft. Sie ist deutsche und europäische Patent-, Marken- und Designanwältin.
In unserer Konsumgesellschaft ist die Produktvielfalt für Kund:innen nahezu unendlich – man denke nur an Nespresso, Tchibo, Melitta oder Eduscho. Unternehmen konkurrieren damit um ähnliche Märkte, weshalb der wesentliche Unterschied in der Marke selbst als im Produkt liegt. Auch deshalb gehört das Branding zum wichtigsten Faktor, der über den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens entscheidet. Um ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, brauchst du also eine starke Marke, die konsistent und relevant ist und deine Kund:innen emotional anspricht und bindet.
Diana, in deiner Funktion als Geschäftsführerin der ETL IP Patent – und Rechtsanwaltsgesellschaft setzt du dich intensiv mit dem Marken- und Patentrecht auseinander. Was genau ist eigentlich eine Marke?
Eine Marke kann neben dem rein rechtlichen Aspekt ganz unterschiedlich definiert werden. Rein rechtlich ist eine Marke ein Begriff oder Zeichen, das die Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens kennzeichnet und sie für den Verbraucher von denen der Konkurrenz unterscheidet. Das heißt, eine gute Marke ist eine einzigartige und besondere Marke. Und besonders ist das, was Kunden wahrnehmen und sich einprägen. Damit sich eine Marke von anderen abhebt, muss sie sich möglichst deutlich von anderen Marken in derselben Kategorie unterscheiden. Doch je voller der Markt ist, desto schwieriger ist es, Einzigartigkeit zu schaffen. Unternehmen konkurrieren um ähnliche Märkte und deshalb liegt der Unterschied häufig eher in der Marke als im Produkt selbst.
Gestaltet sich bei so einer weitreichenden Definition einer Marke das Schutzrecht als schwierig? Auf was muss man besonders achten, bzw. was kann man schützen?
Eine Marke ist nur eines der vielen Schutzrechte: Man kann ästhetische Formen, also das Design, schützen. Gegenstände, chemische Erzeugnisse, Verfahren und Verwendungen gehören hingegen zum Patentrecht. Im Markenrecht gibt es die sogenannte Herkunftsfunktion. Das bedeutet, dass man eine Marke mit einem Unternehmen und dessen Produkt oder Dienstleistung verknüpft und es von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft unterscheiden kann. Die Marke ist damit eine Art Unternehmensbotschafterin, denn sie verknüpft das Alleinstellungsmerkmal bzw. die sogenannten „Unique Selling Points“ bei den Verbrauchern mit dem Unternehmen. Die Merkmale des Unternehmens sind damit fest in den Köpfen der Kunden verankert und werden abgerufen, sobald sie der Marke gegenübertreten. Das ist die Marke.
Kannst du uns die unterschiedlichen Bereiche des Markenrechts beschreiben?
In der Regel unterscheidet man im Markenschutzrecht vor allem zwischen Wortmarke und Bildmarke. Besonderer Fokus gilt hierbei der Wortmarke, denn eine solche kann immer ausgestaltet werden ohne aus dem Schutzbereich herauszufallen. Nur der Wortbestandteil der jeweiligen Marke muss als Nukleus bestehen bleiben. Eine Bildmarke hingegen weist keinen Wortbestandteil auf und ist beispielsweise das Logo eines Unternehmens. Daneben gibt es auch die sogenannte Wortbild-Marke, also eine Kombination aus Wort und Bild, in welchem der Begriff im Zentrum steht und das Logodesign außen herum zu sehen ist.
Aber exotischere Markenformen, wie Farbmarken, Geruchsmarken, Geräuschmarken und 3D-Marken sind möglich. Die Sparkasse ist rot, Langenscheidt ist gelb, Telekom ist magentafarben, Nivea blau. Diese Farbnoten sind alle rechtlich geschützt, das bedeutet, dass andere Hersteller in derselben Branche dieselbe Farbe in ihrer Produktbewerbung nicht benutzen dürfen.
Könntest du näher auf den Prozess eingehen: Ich habe zum Beispiel ein Produkt und will es schützen lassen: Wie genau läuft das ab?
Hier gibt es mehrere Schritte. Sinnvoll ist eine vorangestellte Markenrecherche, um Korrelationen und Kollisionen mit anderen Marken zu vermeiden. Diese erfolgt durch Initiative des Anmelders allein oder durch Beauftragung eines entsprechenden Dienstleisters, denn das Deutsche Patent- und Markenamt prüft nicht, ob deine Marke schon existiert. Nun könnte man sich natürlich fragen, wer das überhaupt nachprüft und kontrolliert. Klar, ein Anwalt zum Beispiel, der auf Markenrecht spezialisiert ist. Aber die Faustregel im Markenrecht besagt: Der Markt ist selbst-regulierend. Das bedeutet also, dass der Markt Überschneidungen und ähnliche Sachverhalte eigenständig regelt und reguliert. Wenn man sich also von anderen Marken gestört fühlt, dann muss man selbst aktiv werden und dagegen vorgehen, andernfalls bleiben Markenüberschneidungen einfach bestehen. Das eingangs erwähnte Deutsche Patent- und Markenamt überprüft neben formalen Anforderungen nur die absoluten Schutzhindernisse bzw. Eintragungshindernisse der Marken auf Anstößigkeit und vor allem auf beschreibenden Charakter. So kann man zum Beispiel nicht „Milch“ als Wortmarke für das Produkt Milch anmelden, denn dann würde es keinem der Hersteller mehr erlaubt sein, Milch auf deren Packung zu schreiben.
Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass du mit bereits bestehenden Marken korrelierst oder kollidierst und genau deswegen ist die Markenrecherche das A und O – nur weil eine Marke eingetragen wird, heißt das nicht zwangsläufig, dass du das Recht hast diese auch zu verwenden. Vielmehr können ältere Markenrechte bestehen, die der Verwendung entgegenstehen können. Daher ist eine Markenrecherche und eine qualifizierte Einschätzung des Ergebnisses vor der Verwendung einer Marke ratsam.
Du hast auch über den sogenannten „relativen Schutz“ gesprochen. Könntest du diese Besonderheit im Markenrecht erläutern?
Relativer Markenschutz ist immer in Bezug auf etwas anderes zu lesen, also in Bezug auf sogenannte „ältere Rechte“, das sind Rechte an der Nutzung eines Zeichens, die vor der eigenen Nutzung oder Anmeldung entstanden sind. Das müssen nicht immer eingetragene Marken sein. Ein älteres Recht kann beispielsweise auch durch eine frühere Eintragung einer Firma ins Handelsregister entstanden sein.
Im Markenrecht geht es immer um Ähnlichkeit und nicht nur um Identität. Wichtig ist, wie die Marke auf die Verbraucher wirkt und wie Verbraucher diese wahrnehmen. Ist die Ähnlichkeit so hoch, dass sie die Marke mit einer anderen Marke verwechseln könnten, dann könnte das eine Markenverletzung darstellen und fällt dementsprechend in das relative Schutzverfahren. Dabei ist irrelevant, ob man zwei Marken nebeneinander hält. Bei der „Ähnlichkeit“ geht es eben auch um das, was die Kunden mit einer Marke assoziieren. Auch hier prüft allerdings der Markt selbst und nicht das Amt.
Ein Beispiel ist die Wortmarke „Focus“. Sofort assoziiert man damit die Zeitschrift, doch gibt es auch den Begriff Focus für PkW des Herstellers Ford als eingetragene Marke. Die Begriffe sind identisch. Dennoch kollidieren die Marken nicht miteinander, da sie für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen verwendet werden und somit in diesem Bereich unähnlich sind. Anders wäre die Situation möglicherweise zu beurteilen, wenn es zum Beispiel zu der Produktion eines E-Bikes mit dem Namen Focus käme: Ein E-Bike ist ebenfalls ein mit einem Elektromotor angetriebenes Fortbewegungsmittel. Hier könnte es unter Umständen zu einem Markenstreit zwischen dem Inhaber der Marke Focus für PkW und dem eBike-Produzenten kommen.
Was passiert, wenn ich die Rechte meiner Mitbewerber:innen verletze? Welche Konsequenzen kommen auf mich zu?
Die Frage ist immer, wie der Markenschutz durchgesetzt wird. Eine eingetragene Marke ist nicht für immer geschützt: wird eine Marke fünf Jahre nicht genutzt, dann verfällt sie im Register. In einem Szenario, in dem sich ein Akteur verletzt fühlt, verfasst er in der Regel eine Abmahnung, also ein Schreiben, das auf die Markenüberkollision hinweist und den anderen zur Unterlassung auffordert. Dies leitet häufig zunächst außergerichtliche Einigungsversuche ab, in denen sich die Parteien gegeneinander versuchen abzugrenzen und eine dahingehende Vereinbarung zu unterzeichnen. Wenn dies scheitert, entscheiden nach der Einreichung einer Klage die Gerichte.
Was würdest du unseren Online-Händler:innen im Zusammenhang mit einer Markenanmeldung empfehlen?
Das Problem ist oft, dass sich Gründer nicht mit dem Markenrecht befassen. Sie haben sich einen Namen und eine Marke ausgedacht, fahren die Marketing-Trommel hoch und wissen, dass sie ihre eigene Marke nicht wissentlich kopiert haben. Dennoch kommt es häufig zu ähnlichen Marken auf demselben Gebiet. Zum einen, weil häufig bewusst ein beschreibender Aspekt gewünscht ist, damit der Nutzer gleich weiß, worum es geht, zum anderen wegen Modeerscheinungen, die auch bei der Wortwahl oder dem Design eine Rolle spielen.
Und genau das ist das Gefährliche – insbesondere im E-Commerce: es herrscht Gründerszene-Spirit und der Markt ist schnelllebig. In dieser Branche generierst du sofort eine Sichtbarkeit und bist zusätzlich nicht nur regional aktiv und sichtbar, sondern dein Handel findet online statt – also mehr oder weniger grenzenlos. Das bedeutet, dass sich Wettbewerber im kompletten E-Commerce-Kosmos gestört fühlen können. Im Worst-Case-Szenario erweist du deinen Mitkonkurrenten damit sogar einen Gefallen, denn wenn dir die Nutzung der Domain, deines Logos oder deines Begriffs verboten wird, musst du von vorne anfangen. Du generierst dabei aber gleichzeitig einen besseren Traffic für deinen Konkurrenten. Es kann allerdings auch passieren, dass du nach Jahren der Inaktivität im Internet weiterhin existierst und damit verantwortlich bist für eine Verletzung.
Ich bin E-Commerce-Händler:in und will ein Produkt verkaufen und deswegen meine Marke eintragen lassen. Ab wann ist es sinnvoll?
Das ist schwierig zu sagen. Wichtig ist die Markenrecherche, um das Risiko einer Verletzung der Rechte anderer zu kennen.
Marketing erfolgt zu einem Großteil über die Marke. Um starkes Marketing zu betreiben, ist eine starke Marke sinnvoll. Und diese ist nicht beschreibend und eingetragen.
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